Eine gute Idee! Und dann?

Kreativität ist toll. Kreativität ist ein Easy-Peasy-Kuschelvogel, der dir einfach zugeflogen kommt. Kreativität macht dich higher, als das beste Dope. Jede neue Idee ist die beste. Und das, was heute der letzte Thrill ist, ist morgen schon langweilig.

Genau darum sind Kreativität und gute Ideen für sich, nichts weiter als mentale Onanie – alles findet im Kopf statt und bleibt eine vage Fantasie. Eine Idee ist erst dann etwas wert, wenn wir sie auch umsetzen. Und genau da fängt es an, unbequem zu werden. Denn die Umsetzung erfordert einen gewissen Fleiß: Man muss in die Details gehen und viele ungelöste Fragen beantworten.

Ein Beispiel dafür ist mein guter Freund Ludwig. Er ist Musiker und kam irgendwann mit einem Einfall zu mir.

„Ich habe da eine Idee für eine Symphonie.“
„Ja was denn?“
„Hör mal.“ Er setzt sich ans Klavier und spielt: „Dam, dam, dam, daaaaa.“
„Hört sich gut an. Und nun?“

Tja. Nun geht die Arbeit erst richtig los. Die Töne sind gesetzt. Und wenn sich Ludwig anstrengt, kann das Ding wirklich was werden. Aber dafür muss er viel arbeiten und eine komplette Partitur schreiben. Die Noten für alle Instrumente. Und das für vier lange Sätze. Darum kam Ludwig manchmal zu mir, um sich zu beklagen.

„Boah ey! Ich habe keinen Bock mehr. Ich sitze gerade an der Piccoloflöte. Und ich hasse es, Noten für die Piccoloflöte zu schreiben.“

„Komm schon. Halte durch. Ich habe es wirklich im Gefühl, dass diese Symphonie eine ganz große Nummer werden kann.“

Er hat durchgehalten. Und die Symphonie ist eine ganz große Nummer geworden. Dafür verehre ich Ludwig noch heute. Er hatte eine tolle Idee. Und vor allem hatte er die Disziplin, sich um jedes Detail zu kümmern – auch um die Partitur für die Piccoloflöte.

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